Die Erfolgsformel: Manz & IMD, ACP & Medix
Manz und ACP bauen durch die aktuellen Übernahmen ihr 360 Grad Angebot deutlich aus – Manz im Bereich elektronischer Content und ACP komplettiert sein Software und IT-Anbot für Juristen. Ein Gespräch darüber, was die neuen Konstellationen für Anwälte und Kanzleien bringen.
Frau Magister Stein, Manz hat IMD übernommen. Was kann man sich darunter vorstellen?
Mag. Susanne Stein-Pressl: Die IMD ist im Auftrag von Justiz- und Wirtschaftsministerium – wie auch Manz – offizieller Zugangsprovider und Verrechnungsstelle für Datenbanken der Republik Österreich. Weiters ist sie im Auftrag des Justizministeriums Übermittlungsstelle für den elektronischen Rechtsverkehr. Beide Leistungen erbringt Manz bereits im Rahmen seines bestehenden Portfolios, das wir durch den Zukauf der IMD deutlich erweitern konnten.
Manz ist als traditionsreiches Verlagshaus bekannt. Wie fügt sich diese elektronische Komponente ins Gesamtbild des Hauses?
Mag. Susanne Stein-Pressl: Wir haben bereits 2012 von der Telekom Austria einen Geschäftsbereich gekauft, der genau diese Dienstleistungen erbringt. Durch den Zukauf erweitern wir diese Leistungskomponente. Es passt insofern gut zu unserem Haus, als unsere Kunden beide Leistungen brauchen – sie brauchen die Fachliteratur, sie brauchen aber auch Grundbuch, Firmendaten und den elektronischen Rechtsverkehr.
Sie expandieren also, wie viele Verlage, in den elektronischen Bereich?
Mag. Susanne Stein-Pressl: Wir sehen die Wachs- tumsmöglichkeiten im elektronischen Bereich und
fürchten, dass der Print-Bereich zumindest stagniert.
Herr Meixner, etwa zeitgleich haben Sie mit der ACP die Firma Medix übernommen. Was war die Idee dazu?
Michael Meixner: Die Medix war das Schwesterunternehmen der IMD. Wir, die ACP, sind seit geraumer Zeit mit unseren Produkten jurXpert, notarXpert und R/WIN sehr erfolgreich unterwegs. Es hat sich angeboten, diesen Bereich zu erweitern. Wir haben unlängst unser 15-Jahre-Jubiläum gefeiert, wo wir den eintausendsten Kunden mit rund 10.000 Arbeitsplätzen begrüßen durften. Mit der Übernahme der Medix können wir diesen Bereich deutlich ausbauen und können damit auch in weiteren Branchen Fuß fassen. Wichtig war für uns auch das erfahrene Team, das wir in der Weiterentwicklung der Software sehr gut brauchen können.
Frau Dr. Koch, was wird sich für die Medix-Kunden durch die Übernahme ändern?
Dr. Isabella Koch: Wir sehen durch diese Kooperation große neue Möglichkeiten. Wir sind dadurch zu einem sehr starken Unternehmen geworden. Als ACP und Medix haben wir an vier Standorten in Österreich und Polen über 40 Mitarbeiter. Das bedeutet, dass die Möglichkeiten der Softwareentwicklung bedeutend größer geworden sind. Unsere Abfragesoftware medix4 wird zügig weiterentwickelt und in die Software von ACP – jurXpert,
Die notarXpert und R/WIN integriert und einem neuen Kundenkreis zugänglich gemacht. Ende 2015 werden wir bereits ein neues, gemeinsames Produkt für den Elektronischen Rechtsverkehr auf den Markt bringen, das den Kunden beider Unternehmen zugute kommen wird.
Frau Magister Stein, Sie haben bereits ange- sprochen, dass der elektronische Leistungsbereich im Manz-Verlag an Bedeutung gewinnt. Trauen Sie dem klassischen Verlagsgeschäft nicht mehr?
Mag. Susanne Stein-Pressl: Im Bereich Print wird es die Fachinformationen sicher weiterhin geben, diese sehen wir als Kern unseres Geschäfts. Wir werden dieses Segment weiter entwickeln – zusammen mit den Datenbanken und elektronischen Services, die wir begleitend anbieten. Im Firmenbuch, Grundbuch und elektronischem Rechtsverkehr sehen wir eine Verbreiterungsmöglichkeit, die den Komfort für die Kunden deutlich steigert. Unser Motto war immer: das 360-Grad-Angebot, alles aus einer Hand. Dazu passt das Stichwort Seminare. Wir hatten dieses Angebot bis zum Jahr 2000. Danach folgte eine Pause. Wir haben zuletzt gesehen, dass die Zeitschriften in ihrer Ausbildungsfunktion rückläufig sind und der Anwalt lieber ein Seminar besucht, um sich an einem Tag kompakte Informationen einzuholen. Wir verbinden jetzt das Produkt Fachzeitschrift mit dem Produkt Seminar, um attraktive Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten.
Herr Zoubek, welche Rolle kommt Ihnen künftig in der neuen Konstellation ACP/ Medix zu?
Dieter Zoubek: Ich sehe diese neuen Möglichkeiten die Manz und ACP bieten für unsere Kunden, aber auch für unsere Mitarbeiter sehr positiv. Ich persönlich kann mich nun noch mehr auf die Entwicklung neuer Möglichkeiten im Bereich der Übermittlungs- & Verrechnungsstellen, aber auch auf den Bereich unserer Abfragesoftware Medix 4 bzw. unserer mobilen APP Lexio konzentrieren. Auch vertrieblich ergeben sich mit dieser sehr leistungsfähigen Produktpalette neue Möglichkeiten. Dabei kommt mir sicher speziell eine Netzwerkerrolle im Bereich von Großkunden, Kammern und ähnlichen Institutionen, wo ich einige Erfahrung mitbringe, die ich etwa in der Interessensvertretung der Wirtschaftskammer in den letzten 20 Jahren gesammelt habe zu gute. Neben dieser Tätigkeit werde ich weiterhin Projekte im Bereich open data und open government data begleiten, wo ich ebenfalls einige Expertise habe. Es geht darum, neue Contents, die der Staat durch neue gesetzliche Regelungen der Wirtschaft öffnet tatsächlich konkret nutzbar zu machen.
Frau Magister Stein, indirekt hat der Er- werb der IMD auch mit der ACP Business Solutions GmbH, an der Sie ja mit einem knappen Viertel beteiligt sind, und Herrn Meixner zu tun. Was verbindet Sie mit Herrn Meixner?
Mag. Susanne Stein-Pressl: Die Kunden von Herrn Meixner, die Anwälte, sind ja auch unsere Kunden. Er bietet ihnen Workflow-Software an, von der wir glauben, dass seine und unsere Produkte immer näher zusammenwachsen werden. Wir haben ihn als sehr verlässlichen und kreativen Partner kennengelernt, der unserem 160 Jahre alten Haus gute neue Ideen bringt und uns etwas aufrüttelt. Auch mit dem Unternehmen Medix der Familie Koch/Zoubek glauben wir eine zukunftsgerichtete Lösung im gemeinsamen Interesse gefunden zu haben.
Welche Neuerungen im Produktbereich können Ihre Kunden in nächster Zukunft erwarten, Herr Meixner?
Michael Meixner: Wie Frau Dr. Koch schon erwähnt hat wird es bereits Ende 2015 ein erstes gemeinsames neues Produkt geben sowie eine Integration von Medix 4. Dieses wird auf Basis der neuen jurXpert Version 4 entstehen, welches dann im ersten Quartal 2016 zur Verfügung stehen wird. Neben einem deutlich moderneren Design, einer ganz aktuellen Programmiersprache, stand diesmal eine starke Vereinfachung der Bedienung im Vordergrund. Zusätzlich kann mit unseren leistungsfähigen APPs für iOS, Android und Blackberrry sowie demnächst auch einer Weblösung für die Windows-Welt das Einsatzgebiet unserer XpertReihe deutlich ausgebaut werden.
Welche Vorteile ergeben sich bei Ihren Kunden durch die Einbettung in die ACP-Gruppe?
Michael Meixner: Wir sind ja seit vielen Jahren Teil der ACP-Gruppe, einem der größten IT-Systemhäuser in Österreich mit rund 1.000 Mitarbeitern in Österreich und Deutschland. Damit können wir seit Jahren Rechtsanwälte in Österreich komplett betreuen – neben den klassischen IT-Themen auch im Bereich Telefonanlagen, Kopierer und Diktierlösungen. Als All-in-one-Anbieter offerieren wir ab Herbst auch eine speziell auf Rechtsanwälte abgestimmte Cloudlösung zu sehr interessanten Konditionen. Neben dem Vorteil des hohen IT-Sicherheitsstandards eines großen Rechenzentrums können wir bei unserer Lösung auch gewährleisten, dass die Datenhaltung ausschließlich in Österreich erfolgt. Besonders interessant ist dies für Kanzleien, die vorerst nur eine E-Mail-Lösung suchen.
Wir haben vorhin, Frau Magister Stein, von den Manz-Aktivitäten am Veranstaltungsmarkt gesprochen. Spürt man hier schon positive Nachfrage-Wirkungen?
Mag. Susanne Stein-Pressl: Ja, es geht sogar schneller als wir gedacht haben. Keine Veränderung sehen wir beim Interesse an hochqualitativer Fachliteratur, aber die Art und Weise der Aufbereitung hat sich geändert. Und da ist die Manz-Rechtsakademie die aktuelle Fortentwicklung, wie Fachinhalte zeitgemäß angeboten werden.
Vor 10 Jahren haben Sie die Führung von Manz übernommen. Wie hat sich das Unternehmen in dieser Zeit verändert?
Mag. Susanne Stein-Pressl: Auf der einen Seite, und das freut mich, sind wir offener geworden. Zum Beispiel in der Kooperation mit Herrn Meixner haben wir uns bemüht, Firmengrenzen zu überwinden, da wir ein sehr traditionelles Unternehmen sind. Auf der anderen Seite sind wir unseren Werten Qualität, Genauigkeit und Verlässlichkeit treu geblieben, auf die wir sehr stolz sind. Auch auf neuen Geschäftsfeldern, wo wir unterwegs sind, versuchen wir, unsere traditionellen Werte zu leben.
Meine Damen und Herren, danke für das Gespräch.