Was Europa von den Notaren lernen kann
Zeitschrift NOTA BENE, Nr. 135, Juni 2015 – Wolfgang Hackenbuchner
Madame Paraskevi Michou war beeindruckt. Geboren in Griechenland, studierte sie Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie Informatik, und ist Generaldirektorin für Justiz in der Europäischen Kommission. In dieser Funktion besuchte sie im April die 27. Europäischen Notarentage im Salzburg Congress und das benachbarte Notariat von Dr. Wolfgang Hackenbuchner.
Dort konnte sie – für sie völlig neu – Einblick nehmen in das elektronisch geführte österreichische Grundbuch. Anlässlich der Debatte um die Gesellschaftsform einer SUP (Societas Unius Personae) wurde Michou gezeigt, wie rasch – mit Notar – eine bewährte GmbH gegründet werden kann. Die Demonstration erfolgte unter der Annahme der bestehenden Information über die Eckdaten einer GmbH und die beteiligten Personen. Michou und Madame Niovi Ringou (ebenfalls GD Justiz) wurde in allen Arbeitsschritten gezeigt, wie ein österreichischer Notar effektiv eine GmbH gründet: Prüfung des Firmenwortlautes (Stichwort: Streitvermeidung durch Vermeidung von Schutzr echten, Unterscheidbarkeit) und der Identität der Personen (Stichwort: Vorsorge Geldwäsche), Erstellung der Dokumente, Vorschreibung und Abführung der Gesellschaftssteuer, elektronische Einreichung beim Firmenbuch und abschließende Erstellung eines amtlichen Firmenbuchauszuges.
Mit Erstaunen stellte Michou fest, dass im österreichischen Notariat das One-Stop-Shop-Prinzip bei der GmbH-Gründung bereits Realität und Alltag ist. Das löste ihre Fragen aus: „Wie kann man diesen Standard in Europa flächendeckend erreichen?“ erkundigte sich Michou. Und weiter: „Was ist mit Mitgliedsländern, die in diesem Bereich keine so lange Historie aufweisen können wie Österreich, Deutschland, Italien oder Frankreich?“ Ihre größte Frage galt dem Unterschied der Rechtskulturen: „Wie stark ist oder wird der Druck des anglo-amerikanischen Konzepts, zuerst alles zuzulassen, um dann auftauchende Mängel ex post – mit entsprechendem Kostenaufwand – zu reparieren?“ Bilanz des Besuches? Eine gelungene Demonstration des österreichischen Notariats und die Hoffnung, dessen Standards mögen so weitreichend wie möglich gelten.